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06.07.2021

Pressemitteilung

Abgelehnte Einleitung eines Ermittlungs­verfahrens wegen Nichterreichbarkeit des polizeilichen Notrufs

Am gestrigen Montag teilte die Staatsanwaltschaft Hanau öffentlich mit, dass sie die Einleitung eines Ermittlungs­verfahrens betreffend den Vorwurf der Nichterreichbarkeit des polizeilichen Notrufes am 19.02.2020 ablehnt.

»Wenn mein Sohn den Notruf hätte erreichen könne, dann wäre er noch am Leben. Daran ändert sich auch nichts mit dem langen Papier von der Staatsanwaltschaft. Das sagt nur, dass hier wieder mal keiner die Verantwortung übernehmen will.« Sagt Niculescu Păun, der Vater von Vili Viorel Păun.

Niculescu Păun hatte bereits im Mai vergangenen Jahres die Öffentlichkeit darüber informiert, dass sein Sohn Vili Viorel mehrfach versucht hatte einen Notruf an die Polizei abzusetzen, als er die Verfolgung des Täters aufnahm. Schlussendlich stellte er Strafanzeige, damit endlich ermittelt wird, wie in der Tatnacht der Notruf so massiv versagen konnte.

»Das Schreiben der Staatsanwaltschaft Hanau ist eine Antwort auf die Anzeige von Herrn Păun. Es zeigt sich erneut, dass Fehler erst auf Initiative von Angehörigen und mit großer Verspätung eingeräumt werden – und dass schlussendlich niemand bereit ist die politische Verantwortung zu übernehmen« sagt Newroz Duman von der Initiative 19. Februar Hanau.

Die Staatsanwaltschaft Hanau bestätigt die Recherchen der Angehörigen, die bereits seit mehr als einem Jahr thematisieren, dass der Hanauer Notruf technisch versagt hat. Nur drei Anrufe gingen im maßgeblichen Tatzeitraum ein, und nicht Dutzende, wie zunächst von den Behörden suggeriert wurde. Mit drei Anrufen war die Polizei bereits überfordert, eine der zwei Leitungen konnte nicht besetzt gehalten werden und die weiteren Notrufe – nicht zuletzt von Vili Viorel Păun – gingen deshalb ins Leere.

»Wir kennen dieses Vorgehen: das Versagen wird in so viele kleine Teile zerhackt, dass am Schluss niemand mehr dafür verantwortlich ist. Uns geht es darum, das alle Hintergründe des Versagen endlich zugegeben werden müssen damit Konsequenzen erfolgen. Damit die politische Verantwortung übernommen wird. Und dass diese kritische Aufarbeitung zur Grundlage genommen wird, die Fehler abzustellen und eine Wiederholung auszuschließen.«, so Newroz Duman.

Kommentar der Initiative 19. Februar Hanau zu den Vorhaltungen der Staatsanwaltschaft gegenüber Vili Viorel Păun (S.23/24 der Presseinformation der Staatsanwaltschaft):

Es ist beschämend, wie die Staatsanwaltschaft Hanau zwischen den Zeilen durchklingen lassen will, dass Vili Viorel Păun den Täter ja nicht hätte verfolgen müssen und somit selbst daran Schuld war, zum Opfer zu werden.

Vor gut zwei Wochen hat Vili Viorel Păun vom Hessischen Ministerpräsidenten Bouffier posthum die Medaille für Zivilcourage verliehen bekommen. Es wurde erneut festgestellt, dass Vili Viorel Păun alles vorbildlich gemacht hatte und eben mehrfach den Notruf gewählt hatte, um die Polizei zur Hilfe zu holen und damit ja auch weitere Morde zu verhindern.

Vili Viorel Păun hat durch sein mutiges Verhalten wahrscheinlich schon am ersten Tatort weitere Opfer verhindert. Denn der Täter hatte in seinen Aufzeichnungen eine weitere Bar am Kanaltorplatz als Ort für weitere Morde eingeplant und davon aber – wahrscheinlich wegen Vili Viorel Păuns Eingreifen – abgelassen.

Auch ohne Anklage gegen eine konkrete Person sollte von einer Staatsanwaltschaft zu erwarten sein, dass sie eindeutig erklärt, dass es staatliches Versagen war, dass es Vili Viorel Păun verunmöglicht hatte, schnelle Hilfe zu holen und damit gleichzeitig sein eigenes Leben zu retten.