Direkt zum Hauptinhalt

Thomas Feltes

Am 18. März 2022 war der Jurist, Kriminologe und Polizeiwissenschaftler Prof. Dr. Thomas Feltes von der Ruhr-Universität Bochum als Gutachter im Untersuchungs­ausschuss des hessischen Landtags geladen. Er hatte im Vorfeld dieses Termins eine 15-seitige Stellungnahme verfasst, die er vor seiner Befragung einleitend vortragen wollte. Dies wurde ihm schließlich durch den Vorsitzenden des Untersuchungs­ausschusses untersagt.

Im folgenden dokumentieren wir diese Stellungnahme in voller Länge.

Schriftliche Stellungnahme zur Sitzung des Untersuchungs­ausschuss 20/2 des Hessischen Landtags am 18.03.2022

Auftrag

Mit Schreiben vom 09.02.2022 wurde ich beauftragt als Sachverständiger zu den aus dem Einsetzungsantrag und dem Beweisbeschluss Nr. 13 ersichtlichen Themen Stellung zu nehmen.

Diese Themen lauten wie folgt

»Aufgabe des Hessischen Landtages ist es, eventuelle Versäumnisse der Hessischen Landesregierung und ihrer nachgeordneten Behörden, Probleme in verwaltungsinternen Abläufen und Defizite der bestehenden Strukturen zu untersuchen.«

sowie

»Der Untersuchungs­ausschuss hat den konkreten Auftrag, Handeln und mögliches Unterlassen der Hessischen Landesregierung und ihrer nachgeordneten Behörden aufzuklären, die im Zusammenhang mit dem rassistischen Anschlag von Hanau stehen oder stehen könnten. Dadurch sollen sich Hinweise auf einen möglichen Veränderungsbedarf bestehender Strukturen der hessischen Sicherheitsbehörden und entsprechende Handlungsempfehlungen ergeben.«

Dabei ist insbesondere zu klären:

»1. Welche Informationen der Hessischen Landesregierung und deren nachgeordneten Behörden über Tobias R. und Hans-Gerd R. wann vorlagen und ob mit diesen Informationen sachgerecht umgegangen worden ist.«

sowie

»8. Ob und wenn ja, welche Versäumnisse es bei dem Einsatz am Tatabend um/am Haus des Täters, also dem Haus der Familie R., gegeben hat,

insbesondere

a) welches Handeln oder Unterlassen in diesem Zusammenhang dazu geführt hat, dass das Haus des Täters erst gegen 3:00 Uhr am Morgen des 20. Februar 2020 gestürmt wurde, ob es insbesondere zeitweise zu einer Verwechslung des Täterhauses gekommen ist und dies den Zugriff verzögert hat,

[…]

d) ob und wenn ja wie sich die Beteiligung der 13 SEK-Beamten aus Frankfurt auf das Einsatzgeschehen in der Tatnacht ausgewirkt hat.«

zudem

»9. Welche Versäumnisse es bei dem Umgang mit Überlebenden und den Familien der Ermordeten am Tatabend und am anschließenden Morgen gegeben hat, insbesondere

a) welche Standards es für hessische Polizeibehörden und die Hessische Landesregierung im Umgang mit Opfern von Terroranschlägen und Gewaltverbrechen gibt und ob diese eingehalten wurden und nach dem Anschlag überarbeitet worden sind, […]

wie die Versorgung, die Information und der Kontakt zu den Oberlebenden und den Familienangehörigen am Tatabend und danach organisiert war, wie die Identität der Ermordeten jeweils festgestellt worden ist, wie die entsprechende Information der Angehörigen erfolgte« (Einsetzungsbeschluss Nr. 1, 7., 8., 9.) (siehe Anlagen).

Als Unterlagen wurde mir eine DVD mit Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaft Hanau zur Verfügung gestellt. Darauf befanden sich folgende Dokumente:

  • PM Anschlag Notausgang vom 26.08.2021.pdf
  • PM Anschlag Notruf vom 05.07.2021.pdf
  • PM Anschlag unterlassene Hilfeleistung vom 18.11.2021.pdf

Vor diesem Hintergrund wird folgende Stellungnahme abgegeben:

Vorbemerkung

Für eine wissenschaftlich fundierte und begründete, sachverständige Stellungnahme zu den o.gen. Fragen des UA wäre eine vollständige Einsicht in die Ermittlungsakten sowie ggf. weiterer Materialien erforderlich. Diese war nicht möglich, weil keine weiteren Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden.

Daher kann im Folgenden nur auf die Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaft eingegangen werden.

Zusätzlich werden Presseberichte (vor allem zu den Aussagen der vom UA gehörten Opfern und Hinterbliebenen) verwendet.

Teil 1: Antworten auf die einzelnen Fragen anhand der mir überlassenen Pressemitteilungen

A) Zum Thema »Notausgang« (PM Anschlag Notausgang)

Die PM weit darauf hin, dass die »nachfolgend angeführten Gründe … komplett der Einstellungsentscheidung des Ermittlungs­verfahrens (entsprechen). Darin werden detailliert die Geschehnisse der Tatnacht in der Arena Bar und dem anliegenden Kiosk 24/7 dargestellt«.

Die Staatsanwaltschaft Hanau hat am 23.08.2021 das Ermittlungs­verfahren betreffend den Vorwurf der bewusst verschlossenen Notausgangstür in der Arena Bar in Hanau am 19.02.2020 mangels hinreichenden Tatverdachts einer Straftat eingestellt. Sie schreibt dazu: »Die Anzeigeerstatter, zwei Überlebende des Anschlags sowie drei Angehörige eines Getöteten, erheben im Wesentlichen den Vorwurf der fahrlässigen Tötung. In der Arena Bar habe es nach baulichen Veränderungen an einem Fluchtweg gefehlt, der vom Eingang weg und nicht zum Eingang hinführe. Darüber hinaus sei der Notausgang am Abend des Anschlags wie in den ca. zwei vorangegangenen Jahren von innen so abgeschlossen gewesen, dass er nicht ohne einen Schlüssel habe geöffnet werden können. Zudem gebe es Anhaltspunkte dafür, dass örtliche Polizeibeamte von dem zugebauten ursprünglichen Fluchtweg und dem verschlossenen Notausgang der Arena Bar gewusst hätten bzw. dieser sogar auf deren Anordnung hin verschlossen worden sei.« (S. 1)

Ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten der beiden Beschuldigten wurde – so die Staatsanwaltschaft – nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hanau und des Hessischen Landeskriminalamtes in Wiesbaden nicht festgestellt.

Als erstes ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Einstellungsverfügung, auch davon ausgehend, dass sie vollständig in der PM enthalten ist, keine Aussage über das tatsächliche Ermittlungsverhalten der Polizei und des LKA zulässt. Einstellungsentscheidungen fassen erfahrungsgemäß zwar die wesentlichen Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen zusammen; sie geben jedoch keine Gewähr dafür, dass von der Staatsanwaltschaft etwaige Ermittlungsfehler, Ermittlungslücken oder andere Unzulänglichkeiten in den polizeilichen Ermittlungen erkannt wurden. Vielmehr ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass sich die Darstellung im Wesentlichen an der Begründung des Ergebnisses (hier Einstellung des Verfahrens) orientiert.

Ungeachtet dessen lassen sich einige Hinweise für Unstimmigkeiten und Unvollständigkeiten finden, denen die Staatsanwaltschaft hätte nachgehen müssen.

  • Es wird umfangreich (mit Rückgriff auf Maßnahmen bis zum Jahr 2013) geprüft, wer zum Anschlagszeitpunkt und zum Zeitpunkt möglicher Umbauten der verantwortliche Betreiber der Arena Bar war. In diesem Zusammenhang erfolgte auch eine Prüfung, inwieweit die Arena Bar in den vergangenen Jahren zum Gegenstand von Kontrollen der Polizei, des Ordnungsamtes und der Baubehörde wurde und welche Zielrichtung diese jeweiligen Kontrollen hatten. Die Kontrollen hatten, so die StA, »nämlich, wie die Ermittlungen ergaben, Einfluss auf die Person des Betreibers zum Anschlagszeitpunkt« (S. 7). Der baurechtliche Genehmigungsstand zum Anschlagszeitpunkt wurde ebenfalls überprüft. Die eigentlich relevante Frage, ob die vorherigen Kontrollen und Maßnahmen Einfluss darauf hatten, dass der Notausgang möglicherweise verschlossen war, wird nicht und wenn, dann nur am Rande nachgegangen.

  • Die Ermittlungen hatten, so die StA, »weiter zum Ziel, die Frage der Verschlussverhältnisse des Notausgangs der Arena Bar zum Zeitpunkt des Anschlagsgeschehens aufzuklären. Es konnte jedoch nicht mit letzter Gewissheit geklärt werden, ob die Notausgangstür zum Zeitpunkt des Anschlags verschlossen war oder nicht« (S. 14). Schon diese Aussage erstaunt, handelt es sich doch um den Tatort eines schweren Tötungsdeliktes. Hier kann und muss man davon ausgehen, dass der Tatort umfassend untersucht und eine ausführliche Tatortaufnahme erfolgt. Dies ist offensichtlich nicht der Fall gewesen, denn in dem Tatortbefundbericht des Kriminalbeamten KK M. wird »ausgeführt, dass der Tatortbefund lediglich einem Überblick über die Feststellungen vor Ort diene und keinen ausführlichen Tatortbefundbericht ersetze. Ein weiterer Tatortbefundbericht liegt jedoch nach Angaben der Polizei nicht vor« (S. 22). Es wurde sogar »vergessen«, die Notausgangstür zu versiegeln (S. 23). Wie ungenau der Tatort aufgenommen wurde ergibt sich auch daraus, dass die Zeugin KHKin Z. angab, dass es »möglich« gewesen sein, »dass die Tür bei dem Versuch, diese zu öffnen, lediglich geklemmt habe«. Sie könne dies »nicht ausschließen« (S. 23).

  • Die wesentliche Frage, ob der Notausgang offen oder verschlossen war, wurde in den Zeugenvernehmungen im Februar 2020 nicht thematisiert. Erst in den Vernehmungen im Februar 2021 spielte dies dann eine Rolle (S. 14). Hier geben dann mehrere Zeugen an, dass der Notausgang stets verschlossen gewesen sei und jeder, der dort ein und ausgehe, habe dies auch gewusst. Es habe häufiger in der Arena Bar Polizeikontrollen gegeben und die Leute seien beim Fliehen am geschlossenen Notausgang gescheitert (S. 16).

  • Die Einstellungsentscheidung der StA nimmt auch Bezug auf Ermittlungsakten des GBA, die offensichtlich zumindest einigen vernommenen Zeugen vorgelegen haben (S. 15). Den dabei aufgetretenen Widersprüchen geht die StA nicht nach. Vor allem wird die Aussage des Zeugen S.E. zwar zitiert, aber nicht gewürdigt. »In seiner Vernehmung vom 10.02.2021 erklärte der Zeuge S. E. H. hierzu, dass er anlässlich dieser Vernehmung Angaben zur verschlossenen Notausgangstür gemacht habe. Er habe sogar mit dem Polizisten über die Notausgangstür diskutiert. Er habe erklärt, dass die Tür zu gewesen sei und sie aus dem Grund nicht dort hingerannt wären. Daraufhin habe der Polizist erwidert, dass man auf dem Video sehe, dass sie nicht zum Notausgang gerannt seien. Daraufhin habe er erwidert, dass sie nicht dort hingerannt seien, weil sie gewusst hätten, dass die Tür immer zu sei.« (S. 15).

  • Die Aussagen mehrerer Zeugen, wonach unter den Gästen der Bar berichtet worden sei, dass »bei einer Razzia mal jemand durch den Notausgang rausgerannt sei und ein ihn verfolgender Polizist sich bei der Verfolgung verletzt habe« (S. 15 sowie folgende Seiten) wird im Einstellungsbescheid lapidar mit der Anmerkung kommentiert: »Dieser Sachverhalt konnte im Rahmen der Ermittlungen nicht verifiziert werden« (aaO.).

  • Obwohl die Mehrzahl der Zeugen davon berichtet, dass die Tür abgeschlossen sei – und auch, warum das der Fall war, gibt die StA keine Erklärung dafür, warum diese Aussagen nicht näher geprüft wurden, in dem z.B. Beamte, die früher Kontrollen in der Bar durchgeführt hatten, vernommen wurden. Die Auswertung von im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen sichergestellten Mobiltelefone und Laptops in Bezug auf etwaige Kontakte zur Polizei erscheint dabei eher dilettantisch. Ging die StA tatsächlich davon aus, dass sie Hinweise auf solche Absprachen auf Laptops oder Mobiltelefonen findet bzw. wenn dies nicht der Fall ist, dies ein Beweis dafür ist, dass es solche Absprachen nicht gegeben hat? Solche Absprachen zwischen Polizei und Betreibern von Bars sind gerade im dem Milieu, in dem es zum Drogenhandel kommt, keineswegs selten, zumal es Hinweise darauf gab, dass Polizeibeamte »auch mal in die Bar« gegangen sind, ohne dass es einen direkten Anlass dafür gab (S. 28). Ersatzweise hätte man auch prüfen müssen, ob es sich hier möglicherweise um Absprachen handelt – und wenn ja, warum diese erfolgte.

  • Letztlich beruft sich die Einstellungsentscheidung der StA wesentlich darauf, dass die Tür am Tattag lediglich »geklemmt« habe, und daher nicht zu öffnen gewesen sein. Dies zu verifizieren, wäre Aufgabe eines Gutachters gewesen, der rechtzeitig hätte beauftragt werden müssen, was nicht erfolgt ist. Denn der durch den Kriminalbeamten KK M., Polizeipräsidium Südosthessen, K 11 Offenbach/M., gefertigte Tatortbefundbericht beinhaltete zu dem Bereich des Notausgangs folgende Feststellung: »Betritt man die Bar durch die Eingangstür, so befinden sich linksseitig vier Automaten, geradeaus gelangt man zu einem Lagerraum von welchem zwei weitere Türen abgehen. Diese zwei Türen waren jedoch bei der Tatortaufnahme verschlossen.« (S. 21).

  • Die StA stellt lapidar fest: »Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist aufgrund der unterschiedlichen Zeugenaussagen und dem Umstand, dass die Notausgangstür zumindest zeitweise schwer zu öffnen war, hiernach nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, ob die Notausgangstür zum Zeitpunkt des Anschlags am 19.02.2020 verschlossen war oder nicht. Weitere geeignete Aufklärungsmöglichkeiten bestehen insoweit nicht. Aus den Feststellungen der am Tatort eingesetzten Polizeibeamten KK M., KHK A. und KHKin Z. lässt sich ein entsprechender Schluss nicht mit letzter Gewissheit ziehen, sondern es verbleiben Zweifel an der Belastbarkeit der entsprechenden Feststellungen« (S. 24). Ein ähnlicher Widerspruch findet sich auch auf S. 25 f.

  • Zwar stellt die StA fest, dass ein Notausgang sich nach den entsprechenden bau- und arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen von innen jederzeit leicht und ohne besondere Hilfsmittel öffnen lassen muss (S. 33). Allerdings komme es vorliegend nicht darauf an, »da eine entsprechende Ursächlichkeit für den Tod des S. H. und des H. K. nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht sicher angenommen werden kann« (aaO.). Ein hinreichender Tatverdacht sei aus diesem Grunde zu verneinen. Dies wird im Folgenden ausführlich damit begründet, dass u.a. die Videoaufnahmen aus der Bar zum Tatzeitpunkt gezeigt hätten, dass der Täter genau auf der Seite vom Notausgang gestanden habe und keine der Personen aus der Bar versucht habe, den Notausgang zu erreichen (S. 33). Der Unterzeuchner kann dem allerdings nicht nachgehen, da ihm diese Aufnahmen nicht vorlagen. Ab einem gewissen Zeitpunkt sei »während des gesamten folgenden Tatablaufs eine Flucht der in der Arena Bar befindlichen Personen durch die Notausgangstür oder durch den Eingang nicht mehr möglich (gewesen), da sie sich hierzu unmittelbar an dem Täter, der den Bereich zwischen ihm und den Personen durchgehend im Blick hatte, hätten vorbei bewegen müssen« (S. 36).

  • Hingewiesen wird hier auf einen Lageplan, der sich am Ende der PM befindet. Sollte dies tatsächlich der einzige Plan, der im Rahmen des Ermittlungs­verfahrens erstellt wurde, so ist dies massiv zu hinterfragen. Wurden Bilder erstellt? Wurde die Örtlichkeit videografiert oder mit entsprechenden Geräten vermessen wie dies bei Tatorten von Tötungsdelikten der Fall ist? Dazu erfährt man aus der Einstellungsverfügung nichts.

  • Im Gegensatz dazu ist die seriöse und umfassende Analyse von »Forensic Architecture«1 zu sehen, die mir und Kolleg*innen weltweit auch aus anderen Zusammenhängen als überaus kompetent und objektiv bekannt ist. Anhand der Bilder der Überwachungskameras erfassten und simulierten sie die Bewegungen der damals fünf Anwesenden – vom Moment, in dem diese erstmals den Attentäter wahrnehmen bis zu dessen Betreten der Bar. Die Analyse2 zeigt: Wären »die Opfer nicht in die hintere Ecke gelaufen, sondern zum Notausgang und wäre dieser offen gewesen, hätten es alle Fünf rechtzeitig aus der Bar geschafft. Nach der Berechnung hätten sie dafür neun Sekunden Zeit gehabt – das hätte gereicht. Einzig der letzte der Fünf wäre dann noch für einen Sekundenbruchteil im Blickfeld des Täters gewesen, aber auch er bereits acht Meter entfernt. Es sei daher »extrem unwahrscheinlich«, dass er noch getroffen worden wäre, so die Forscher:innen«3.

  • Die folgende Grafik4 zeigt dieses Ergebnis, wobei die rote Markierung den Täter und die hellblauen Markierungen die fliehenden Opfer angeben.

    Grundriss der Arena-Bar mit der Visaulisierung der durch den Notausgang fliehenden Opfer
  • Die Staatsanwaltschaft verweist in ihrer Einstellungsverfügung dagegen darauf, dass der Notausgang nahe des Bareingangs lag und die Flüchtenden somit erstmal in Richtung des nahenden Täters hätten rennen müssen – alle aber hätten sich »von der Gefahrenquelle weg« bewegt. Die Behörde sah auch nur ein Zeitfenster von fünf bis sechs Sekunden für die Flucht – was Forensic Architecture widerlegt.

  • Vor allem aber berücksichtigt die StA bei dieser Bewertung nicht, dass allen oder zumindest den meisten der Besucher der Bar bekannt war, dass der Notausgang (zumindest meistens) verschlossen war.

  • Und die StA legt nicht (wie Forensic Architecture) zugrunde, dass die Opfer den Täter bereits früher wahrgenommen haben (konkret um 20:00:23 Uhr; s. FN 1, Minute 4:52) und so eine reale Fluchtmöglichkeit bestanden hat.

  • Nach der Auswertung der Videoüberwachung hätte, so die StA, »den in der Arena Bar befindlichen Personen damit nach Erkennen der Lebensgefahr mit Betreten des gemeinsamen Windfangs von Kiosk 24/7 und Arena Bar durch den bewaffneten Täter lediglich ein Zeitfenster von etwa fünf bis sechs Sekunden für eine gefahrlose Flucht durch den Notausgang zur Verfügung gestanden… Davor war der Eingangsbereich der Arena Bar und der Weg vom Schankraum zum Notausgang durch den Täter einsehbar und danach durch diesen versperrt. Eine Schussabgabe auf flüchtende Personen wäre durch den Täter möglich und zu erwarten gewesen« (S. 37). Dies wird als Begründung dafür herangezogen, dass eine Anklage nicht erhoben werden kann, da »vor diesem Hintergrund insgesamt nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden (kann), dass es den später Getöteten S. H. und H. K. in diesem kurzen Zeitraum gelungen wäre, die Notausgangstür zu erreichen, diese zu öffnen und die Arena Bar … zu verlassen« (S. 37 f.). Es könne »nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit eine Aussage dazu getroffen werden, ob bei einer Flucht in Richtung des Notausgangs einem der Getöteten S. H. und H. K. oder beiden die Flucht gelungen wäre. Solche Annahmen wären vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen hier lediglich hypothetischer Natur. Dies kann aber keinen Anknüpfungspunkt für die Bejahung der Kausalität eines pflichtwidrigen Verschließens der Notausgangstür für den Tod des S. H. und des H. K. und damit eines hinreichenden Tatverdachts bilden« (s. 38).

  • Die Feststellungen sind, ungeachtet der Tatsache, dass sie eine gewisse zynische Konnotation haben, schlichtweg falsch. Es geht für den Vorwurf der fahrlässigen Tötung juristisch nicht darum, ob die fünf bis sechs Minuten tatsächlich für die Flucht gereicht hätten; es geht darum, ob diese Flucht möglich gewesen wäre, wenn der Notausgang regelmäßig offen gewesen wäre. Die Frage, welche Entscheidung sie in der konkreten Situation für sich getroffen haben, spielt dafür keine Rolle. Diejenigen, die dafür verantwortlich waren, dass der Notausgang ständig oder häufig verschlossen war, haben wesentlich den Kausalablauf beeinflusst, der zu dem tödlichen Ergebnis geführt hat. Sie hätten auch wissen können, dass ein verschlossener Notausgang tödliche Folgen haben kann.

B) Zum Ermittlungs­verfahren betreffend den Vorwurf der Nichterreichbarkeit des polizeilichen Notrufes am 19.02.2020

Lt. PM wird den verantwortlichen Betreibern der Notrufzentrale in Hanau und den verantwortlichen Beamten an diesem Abend fahrlässige Tötung vorgeworfen. Der Staatsanwaltschaft Hanau sei bereits am 28.01.2021 bekannt gewesen, »dass in der Nacht des Anschlags von Hanau vom 19.02.2020 der Notruf der Polizeistation Hanau I über zwei Leitungen verfügt habe, von denen möglicherweise nur eine personell besetzt gewesen sei. Möglicherweise sei es aufgrund dessen u. a. dem im Verlauf des Anschlagsgeschehens bei der Verfolgung des Attentäters getöteten V. P. trotz mehrerer Versuche nicht möglich gewesen, den polizeilichen Notruf zu erreichen« (S. 1).

Die StA kommt zu dem Ergebnis, dass ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten von Angehörigen der Polizeistation Hanau I nicht festgestellt wurde bzw. kein Anfangsverdacht vorliege. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die Gründe »vor dem Hintergrund von Persönlichkeitsrechten beteiligter Personen anonymisiert und betreffend eines möglichen Organisationsverschuldens seitens der Polizei aufgrund interner Vorgänge gekürzt wurden« (S. 2). Die StA hat für ihre Entscheidung Aktenteile des Ermittlungs­verfahrens des Generalbundesanwaltes beigezogen und ausgewertet sowie die Audioaufzeichnungen der im gegenständlichen Zeitraum bei der Polizei (110) sowie der Rettungsleitstelle

(112) eingegangenen Notrufe und die Protokollierung der Notrufe, die Aufzeichnung des polizeilichen Funkverkehrs sowie die Einsatzprotokolle der Polizei einer eingehenden Auswertung unterzogen. Es erfolgte zudem eine Auswertung des Wachbuches der PSt Hanau I und eine Erhebung der grundsätzlichen dienstlichen Weisungslage hinsichtlich der personellen Besetzung des Notrufs der PSt Hanau I. Die zum Anschlagszeitpunkt mit der Annahme der polizeilichen Notrufe befassten Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen wurden vernommen.

Folgende Punkte erscheinen mir relevant:

  • Das PP SOH verfügte zum Anschlagszeitpunkt im Gegensatz zu anderen Polizeipräsidien (nicht nur, aber auch in Hessen) über keinen sog. Notrufüberlauf, d. h. aus Kapazitätsgründen nicht angenommene Notrufe wurden nicht parallel in einer Partnerleitstelle als Überlaufnotruf signalisiert (S. 6). Es gab zwei angeschlossene Notrufannahmestellen, bei zwei zeitgleich ankommenden Notrufen klingelten beide Telefone, ein dritter ankommender Notruf wird nicht signalisiert und kann somit nicht angenommen werden.

  • Dazu wird festgestellt: »Bis zum 24.02.2021 wurden alle dezentralen Notrufabfragestellen und die Leitstelle des Polizeipräsidiums Südosthessen nunmehr auf IP-Technik umgestellt und ein Notrufüberlauf zur Leitstelle des Polizeipräsidiums Frankfurt eingerichtet. Seit 24.02.2021 steht damit – im Unterschied zur Tatnacht – für alle Notrufabfragestellen des PP Südosthessen, so auch die PSt Hanau I, ein Notrufüberlauf zur Verfügung« (S. 7). Daraus ergibt sich, dass auf die Ereignisse des Tattages reagiert wurde – allerdings nach meiner Auffassung viel zu spät. Dieses Versagen der für diese Entscheidung zuständigen kann allerdings nicht den Polizeibeamt*innen zugerechnet werden.

  • Hinzu kommt allerdings, dass um 21:56:34 Uhr der erste bei der PSt Hanau I eingehende Notruf entgegengenommen wurde. Gemeldet wurde die Abgabe mehrerer Schüsse in der Bar »Midnight«, der Täter sei flüchtig. »Nach einer Anrufdauer von 30 Sekunden beorderte die den Notruf entgegennehmende Polizeibeamtin per Funk polizeiliche Einsatzkräfte vor Ort. Der Notruf dauerte insgesamt 03:19 Minuten und wurde durch die Polizeibeamtin zweckmäßigerweise bis zum Eintreffen der ersten Polizeikräfte am Tatort am Heumarkt gehalten. So war gewährleistet, dass die Polizeibeamtin über aktuelle Lageinformationen vor Ort verfügte« (S. 9).

  • Die Bewertung »zweckmäßigerweise« wird von mir allerdings nur ansatzweise geteilt. Wenn bekannt ist, dass es nur zwei verfügbare Notrufleitungen gibt, dann darf der Anruf nicht gehalten werden (schon gar nicht über mehr als drei Minuten), sondern er muss umgeleitet werden. Ob und wie dies technisch möglich war, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis.

  • Die StA stellt weiterhin fest: »Weiter ist im Hintergrund der Aufzeichnung des Anrufs bei der Polizeibeamtin zu hören, dass parallel zur Entgegennahme der Notrufe auch weitere Tätigkeiten vorgenommen wurden, namentlich die schnelle Steuerung der jeweils über den Notruf erhaltenen Informationen per Funk an die eingesetzten Polizeistreifen sowie die Leitstelle des Führungs- und Lagedienstes des PP SOH in Offenbach (Funkname: O.). Im Hintergrund des ersten angenommenen Notrufs bei der Polizeibeamtin läutete später zeitweise das zweite Notruftelefon und wird nicht mehr abgenommen. Um 22:00:17 Uhr wurde ein weiterer Notruf durch eine Polizeibeamtin der PSt Hanau I (POKin S.) entgegengenommen. Der Anruf oder die Aufzeichnung brach nach 03:38 Minuten ab. Es handelte sich um die gleiche Polizeibeamtin, die auch den ersten Notruf entgegennahm« (S. 10).

  • Hier ist die Frage zu stellen, warum das zweite Notruftelefon nicht wenigstens abgenommen wurde und warum der Anruf abbrach. Dazu verhält sich die PM der StA nicht.

  • Insgesamt ist damit festzuhalten, »dass eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass V. P. bei keinem seiner drei Anwahlversuche um 21:57:54, 21:58:31 und 21:59:17 auf einer der zwei Notrufabfragestellen der PSt Hanau I durchgekommen ist«. Daraus schließt die StA, dass ihm »mit hoher Wahrscheinlichkeit« auch nicht der Rat hätte erteilen werden können, »die Verfolgung abzubrechen oder einen ausreichenden Sicherheitsabstand einzuhalten« (S. 15).

  • In der Tatnacht war ab einem bestimmten Zeitpunkt der Notruf nur noch mit einer Person besetzt, weil einer der beiden verbliebenen Polizeibeamt*innen – wie alle verfügbaren Kräfte - zum Tatort gefahren sei (S. 17). Eine Polizeibeamtin habe die Person später bei den Notrufen unterstützen wollen. Allerdings sei vorrangig gewesen, dass diese Beamtin »den am Tatort befindlichen Polizeibeamten von diesen benötigtes Einsatzgerät vor Ort bringe«. Dabei ging es wohl um die Amokausrüstung (S. 19).

  • In den Räumlichkeiten der PSt Hanau I standen damit ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch zwei Polizeibeamtinnen zur Verfügung. »Anhand der elektronischen Vorgangsverwaltung konnte nachvollzogen werden, dass PKin H. um 21:52:31 Uhr einen elektronischen Vorgang bezüglich des Verlustes eines Kennzeichens angelegt hat. Anhand der elektronischen Bearbeitungshistorie des Vorgangs ist erkennbar, dass durch PKin H. bis 22:05 Uhr kontinuierlich an diesem Vorgang gearbeitet wurde. Zu diesem Zeitpunkt speicherte PKin H. den Vorgang ab und setzte ihre Bearbeitung erst wieder am 20.02.2020 um 05:30 Uhr fort« (S. 20).

  • Hier stellt sich die Frage, warum diese Polizeibeamtin bis 22:05 Uhr (also rund 10 Min. nach dem ersten Notruf um 21:56 Uhr) an diesem (unwichtigen) Vorgang gearbeitet hat, statt die Kollegin zu unterstützen und Notrufe anzunehmen.

Unter »2.)« findet sich in der PM (S. 21) folgender Hinweis: »Anhaltspunkte für ein mögliches Organisationsverschulden im Zusammenhang mit einer Überlastung des Notrufs der Polizeistation Hanau I in der Nacht des Anschlags vom 19.02. auf den 20.02.2020 […]«. Weitere Ausführungen werden dazu an dieser Stelle nicht gemacht, ebenso fehlt eine Begründung, warum dies der Fall ist.

Erneut ist es daher dem Unterzeichner nicht möglich, hierzu Stellung zu nehmen. Zu vermuten ist jedoch, dass die StA tatsächlich Hinweise für Organisationsverschulden gefunden hat. Wie damit umgegangen wurde, wäre zu prüfen.

Stattdessen findet sich auf S. 21:

»3.) Mangelnde Kausalität eines möglichen Organisationsverschuldens im Zusammenhang mit einer Überlastung des Notrufs der Polizeistation Hanau I in der Nacht des Anschlags am 19.02.2020 für den Tod der am Kurt-Schumacher-Platz in Hanau getöteten Personen

Der Nachweis der Kausalität eines möglichen Organisationsverschuldens für den Tod des V. P. ist jedenfalls nicht zu führen. Hinsichtlich der Getöteten G. G., S. H., M. K., H. K. und F. U. ist eine Kausalität sogar sicher auszuschließen.«

  • Im weiteren Verlauf wird dann begründet, warum »selbst im optimalen Falle ein Durchkommen des V. P. bei seinem ersten Notrufversuch das Anschlagsgeschehen in der Arena Bar und im Kiosk 24/7 am Kurt-Schumacher-Platz in Hanau-Kesselstadt nicht (hätte) verhindern können« (S. 22). Es lasse sich »keine gesicherte Aussage dazu treffen, wie sich V. P. verhalten hätte, wenn es ihm gelungen wäre, einen Polizeibeamten am Notruf zu erreichen. Es erscheint bei verständiger Würdigung zwar durchaus naheliegend, dass V. P. in diesem Falle seitens der Polizei empfohlen worden wäre, eine Eigengefährdung zu unterlassen. Die Frage, ob V. P. daraufhin seine Verfolgung abgebrochen bzw. einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu dem Attentäter eingehalten hätte, lässt sich indes nicht zweifelsfrei bejahen. Grundsätzlich spricht natürlich eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass Sicherheitsempfehlungen der Polizei vom Bürger auch angenommen werden. Sicher ist dies indes nicht« (S. 23).

  • Wieso diese Ausführungen ein etwaiges strafrechtlich relevantes Mitverschulden ausschließen sollen, erschließt sich mir nicht. Die darauf folgendes Ausführungen sind nahezu zynisch, wenn die StA feststellt, es sei daher davon auszugehen, »dass sich V. P. bei der Verfolgung des Attentäters von der Innenstadt zum Kurt-Schumacher-Platz im Hanauer Ortsteil Kesselstadt bewusst war, dass dieser ohne weiteres auf ihn schießen würde, da er bereits in der Hanauer Innenstadt mehrfach auf ihn geschossen und auch sein Fahrzeug getroffen hatte und sich damit bei der Verfolgung des Attentäters der Gefährlichkeit seines Tuns bewusst gewesen sein dürfte und diesen dennoch verfolgte. Die Annahme, dass V. P. sich bei Erreichen des Notrufs durch eine polizeiliche Aufforderung von der Fortsetzung der gefahrenträchtigen Verfolgung hätte abhalten lassen bzw. zur Wahrung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes hätte veranlassen, erscheint angesichts der vorgenannten Umstände nicht zwingend. Vor diesem Hintergrund steht bereits nicht fest, dass ein mögliches Organisationsverschulden ursächlich für den Tod des V. P. gewesen wäre« (S. 24).

  • Wer diesen Passus als unvoreingenommene/r, juristisch nicht gebildeter Dritte/r liest, der bekommt den Eindruck, dass hier mehr oder weniger unverblümt gesagt werden soll, dass das Opfer selbst schuld ist an seinem Tod.

  • Die Einleitung eines Ermittlungs­verfahrens wurde daher im Ergebnis von der StA abgelehnt, was juristisch nachvollziehbar und auch vertretbar ist, aber in einer anderen Form hätte kommuniziert werden müssen.

C) Die Staatsanwaltschaft Hanau hat auch die Einleitung eines Ermittlungs­verfahrens betreffend den Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung durch Polizeibeamtinnen und -beamte zum Nachteil des Getöteten F. U. in der Nacht des Anschlags von Hanau am 19.02.2020 abgelehnt.

Nach dem Ergebnis der Vorermittlungen bestehe kein Anfangsverdacht einer Straftat (S. 1).

Konkret ging es hier um den Vorwurf polizeilicher Versäumnisse im Zusammenhang mit der Erstversorgung des im Kiosk 24/7 am Kurt-Schumacher-Platz in Hanau getöteten F. U.. Die um 22:08 Uhr eintreffenden und um 22:10 Uhr das Objekt betretenden Polizeikräfte gingen – nach den Feststellungen der StA – »offensichtlich davon aus, dass F. U. wie auch M. K., G. G. tödlich getroffen waren. Weder überprüften sie die Vitalfunktionen von F. U. noch trafen sie lebensrettende Maßnahmen zu Erstversorgung, noch alarmierten sie zeitnah unter Hinweis auf seine äußerst lebensbedrohliche Situation (Brust-/Bauchdurchschussverletzung) den Sanitätsdienst. Ein Polizeibeamter stieg dreimal über den Körper von F. U. hinweg, um das Fenster am dortigen Tatort gegen Blicke von außen abzuschirmen, ohne sich auch nur einmal kurz über den Zustand von F. U. zu vergewissern« (S. 2).

Im Rahmen der weiteren Ausführungen geht es u.a. um die Frage, wer wann den Tod der Personen im Kiosk festgestellt hat. Hier ist den Ausführungen betr. der Tätigkeiten der Sanitäter und Notärzte nichts hinzuzufügen.

Fraglich ist jedoch, wie das Verhalten der Polizeibeamt*innen zu bewerten ist, die als erste am Tatort waren.

  • Die Polizei traf um 22:08 Uhr, der Rettungsdienst um 22:13 Uhr vor Ort ein. Bis zum Eintreffen der Rettungskräfte wurden durch Polizeibeamte mehrere Verletzte erstversorgt. Bei Eintreffen der Rettungskräfte sind diese durch die Polizei darauf hingewiesen worden, dass sich in der Arena Bar und im Kiosk 24/7 Personen mit Verletzungen befänden. Durch den Rettungsdienst wurde daraufhin eine Sichtung der Arena Bar und des Kiosk 24/7 durchgeführt. Im Rahmen einer ersten Sichtung des Kiosk 24/7 um 22:16 Uhr wurde durch den Rettungsdienst der hinter der Verkaufstheke liegende Leichnam des F. U. zunächst übersehen. Als ein Polizeibeamter unmittelbar anschließend ab 22:18 Uhr hinter der Theke einen Sichtschutz gegen Einblicke von außen errichtete, hatte dieser keinerlei Veranlassung zu der Annahme, dass der Rettungsdienst den dort befindlichen Leichnam des F. U. übersehen haben könnte. Aus diesem Grund bestand für diesen auch kein Anlass, die Vitalfunktionen des F. U. zu überprüfen (S. 18).

  • Die Einleitung eines Ermittlungs­verfahrens kam damit nach der Auffassung der StA, der zu folgen ist, nach dem Ergebnis der Vorermittlungen insgesamt nicht in Betracht. Zwar könnte den Polizeibeamt*innen der Vorwurf gemacht werden, den Körper des Herrn U. beim Eintreffen um 22:08 Uhr übersehen zu haben. Ungeachtet der Frage, ob und warum dies möglicherweise der Fall war, spielt dies für die strafrechtliche Bewertung keine Rolle, denn die StA stellt unter Bezugnahme auf die Aussage des Zeugen Dr. Ke fest, dass Herr U. eine Durchschussverletzung aufgewiesen habe. »Neben einem rinnenartigen Defekt der Leber sei die Körperschlagader bis auf einen etwa einen Zentimeter breiten Steg vollständig eröffnet gewesen. Aufgrund dessen sei Herr U. innerlich verblutet. Vorliegend hätte eine Reanimation keinerlei Aussicht auf Erfolg gehabt. Anhand der Einblutungsmenge in beide Brusthöhlen und die Bauchhöhle sei hier eine annäherungsweise Rückrechnung des Zeitpunktes des Herzstillstandes möglich. Hiervon ausgehend habe ab etwa einer Minute nach der Schussverletzung keine relevante Herzschlagaktion mehr stattgefunden. … Bereits aus diesem Grund ist der Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung nicht erfüllt« (S. 17).

Teil 2: Zu den Fragen aus dem Beweisbeschluss Nr. 13

Zu Frage 1: »Welche Informationen der Hessischen Landesregierung und deren nachgeordneten Behörden über Tobias R. und Hans-Gerd R. wann vorlagen und ob mit diesen Informationen sachgerecht umgegangen worden ist.«

Diese Frage kann nicht beantwortet werden, da entsprechende Unterlagen nicht vorliegen.

Zu Frage 8: »Ob und wenn ja, welche Versäumnisse es bei dem Einsatz am Tatabend um/am Haus des Täters, also dem Haus der Familie R., gegeben hat, insbesondere

a) welches Handeln oder Unterlassen in diesem Zusammenhang dazu geführt hat, dass das Haus des Täters erst gegen 3:00 Uhr am Morgen des 20. Februar 2020 gestürmt wurde, ob es insbesondere zeitweise zu einer Verwechslung des Täterhauses gekommen ist und dies den Zugriff verzögert hat,

[…]

d) ob und wenn ja wie sich die Beteiligung der 13 SEK-Beamten aus Frankfurt auf das Einsatzgeschehen in der Tatnacht ausgewirkt hat.«

Auch diese Frage kann nicht beantwortet werden, da entsprechende Unterlagen nicht vorliegen.

Zu Frage 9: »Welche Versäumnisse es bei dem Umgang mit Überlebenden und den Familien der Ermordeten am Tatabend und am anschließenden Morgen gegeben hat, insbesondere

a) welche Standards es für hessische Polizeibehörden und die Hessische Landesregierung im Umgang mit Opfern von Terroranschlägen und Gewaltverbrechen gibt und ob diese eingehalten wurden und nach dem Anschlag überarbeitet worden sind, […]

Auch diese Frage kann aus den genannten Gründen nicht beantwortet werden.

c) wie die Versorgung, die Information und der Kontakt zu den Oberlebenden und den Familienangehörigen am Tatabend und danach organisiert war, wie die Identität der Ermordeten jeweils festgestellt worden ist, wie die entsprechende Information der Angehörigen erfolgte«_ (Einsetzungsbeschluss Nr. 1, 7., 8., 9.) (siehe Anlagen).

Die letzte Frage kann anhand allgemein zugänglicher Unterlagen (Medienberichte) beantwortet werden. Dazu ist auf folgende Aussagen hinzuweisen5. Die hier zitierten Aussagen von Angehörigen und Hinterbliebenen stammen aus Protokollen des hessischen Untersuchungs­ausschusses zum Anschlag in Hanau. Meine Bewertung der Aussagen finden sich jeweils in den eingefügten Kästen.

Emiş Gürbüz, 52, Mutter von Sedat Gürbüz: »Wir wurden nicht wie trauernde Eltern behandelt. Es ist furchtbar schmerzhaft, dass wir nicht die Chance hatten, uns von ihm zu verabschieden. Dass er gefühllos obduziert wurde, habe ich erst viel, viel später erfahren. Als ich das gehört habe, konnte ich es nicht glauben. Ich wurde bewusstlos. Die ganze Welt wusste, wie diese Kinder ermordet wurden. Sedat hat einen Kopfschuss bekommen. Sie haben unsere ermordeten Kinder obduziert – zerschnitten. Warum? Niemand hat uns um Erlaubnis gefragt. Mein Kind sollte nicht zerschnitten werden. … Psychologische Unterstützung habe ich vom Türkischen Konsulat angeboten bekommen. Sie haben einen Termin gemacht. Ich frage mich, ob ich in der Türkei oder in Deutschland bin. Denn vom deutschen Staat wurde das nicht für mich gemacht. Der deutsche Opferbeauftragte und diese Politiker, die kamen später«.

Es ist eigentlich (!) polizeilicher Einsatzstandard, dass die Angehörigen über eine Obduktion informiert werden (mit entsprechender psychologischer Begleitung) und ihnen der Grund dafür erläutert wird. Warum ist das nicht geschehen?

Saida Hashemi, 26, Schwester von Said Nesar Hashemi: »Aus der Ferne konnte ich schon erkennen, dass etwas nicht stimmt – überall Blaulicht. Als ich dem Kurt-Schumacher-Platz näherkam, war die Polizei gerade dabei, den Platz abzusperren. … Wir haben einen jungen Polizisten gefragt, wo meine Brüder sind. Als ich den Namen von Etris erwähnt habe, hat er gesagt: Er hätte mit ihm gesprochen, mein Bruder wurde angeschossen. Er meinte nur, er wurde in ein Krankenhaus gefahren. In welches, konnte er nicht sagen. Als ich ihn nach Nesar gefragt habe, konnte er mir keine Antwort geben. In dem Moment ist meine Mutter wieder umgekippt. Gegen Mitternacht wurde uns gesagt, dass wir zu der Polizeistation nach Lamboy fahren sollen. Ich habe meine Mutter mit einer Freundin nach Hause geschickt. In Lamboy wurde ich in die Polizeisporthalle gebracht. Es gab Kaffee, Schokolade und Kekse. In dem Moment konnte ich nichts essen und trinken. Ich war alleine, ich kannte niemanden in diesem Raum.

Wenn sich Angehörigen von Opfern »alleine« in einer solchen Situation fühlen, dann wurden ganz offensichtlich Fehler gemacht. Welche genau, wäre zu prüfen. Möglicherweise fehlte es an »Kulturmittlern« also an Personen, die die Sprache der Opfer sprachen und die Kultur kennen.

Im Laufe der Nacht habe ich eine Nachricht von meiner Mutter bekommen, in der sie erzählt hat, dass sie Etris gefunden haben. Er liegt im Klinikum Hanau. Er lag bewusstlos, an ganz viele Schläuche angeschlossen, in einem Bett. Im CT hat sich schon gezeigt, dass er eine Kugel im Hals stecken hat. Von Nesar haben wir nichts gehört. Dann kam auch mein Vater von einem Rehaaufenthalt bei Kassel mit dem Taxi. Er war erst bei meiner Mutter und Etris im Krankenhaus, dann kam er zu mir. Er ist zu einem Polizisten hin und hat ihn nach meinen Geschwistern gefragt. Der Polizist meinte, dass beide noch als vermisst gemeldet sind. Meine Eltern wussten, wo Etris liegt, und die Polizei wusste es nicht!

Offensichtlich ziehen sich solche Miss- oder Desinformationen durch die Aussagen vieler Angehörigen von Opfern. Dies spricht einerseits für eine offensichtliche Überforderung der eingesetzten Beamt*innen, andererseits dafür, dass es keinen entsprechenden Einsatz- und Kommunikationsplan für ein solches Ereignis gibt – oder ein solcher nicht bekannt ist. In jedem Fall muss man hier von polizeiinternem Fehlverhalten ausgehen.

Online kamen da schon die ersten Artikel raus. Es wurde von Toten berichtet, während uns in der Halle nichts gesagt wurde. Zwischen 6 und 7 Uhr morgens war es dann so weit.

Offensichtlich wurden weder Medienberichte noch die sozialen Netzwerke in Echtzeit überprüft. Hier handelt es sich offensichtlich um strukturelles Planungsversagen, denn solche Aufgaben können auch von nicht vor Ort anwesenden Polizeibeamt*innen (z.B. im Lagezentrum des Innenministeriums) übernommen werden.

Die Namen wurden verlesen. Nach jedem Namen haben immer mehr Menschen in der Halle angefangen aufzuschreien, haben geweint, sind umgekippt. Uns wurde gesagt, dass wir um 8 Uhr eine Nummer anrufen sollen, die an die Wand gehängt wurde. Wir haben uns alleingelassen gefühlt. Unsere einzige Anlaufstelle war diese mysteriöse Nummer an der Wand.

Wenn dies so zutrifft, dann zeugt dies von einem überaus hohen Maß an Unsensibilität, das auch nicht mit Überforderung erklärt werden kann. Es gibt klare Einsatzpläne für sog. »großen Schadensereignisse«, die zwar erst in den letzten 2-3 Jahrzehnten erstellt wurden (u.a. nach Erfahrungen bei Flugzeugabstützen und Amokläufen), die aber vorhanden sind. Das Problem ist hier die Tatsache, dass solche Ergebnisse sehr selten und die meisten Beamt*innen daher nicht darauf vorbereitet sind. Dies sollte in geeigneter Weise erfolgen, z.B. durch regelmäßige entsprechende Einsatzübungen.

Ich habe mir immer wieder die Fragen gestellt: Wo ist die Leiche meines kleinen Bruders? Liegt die Leiche noch auf dem Boden der Arena Bar? … Ich habe die Leiche meines Bruders erst eine ganze Woche später am Donnerstag auf dem Hauptfriedhof in Hanau gesehen. … Nachdem mein Bruder beerdigt wurde, war es uns wichtig, seine persönlichen Gegenstände wiederzubekommen. Nesars Handy haben wir erst mal nicht zurückerhalten. Uns wurde gesagt, dass es noch ausgewertet werden muss. Für was sollte das Handy eines Mordopfers ausgewertet werden? Als wir das Handy, nach mehreren Nachfragen von uns, endlich bekamen, war der erste Schock vorprogrammiert. Das Handy wurde zurückgesetzt. Es waren keine Daten mehr drauf. Was ist mit dem Handy passiert? Das wissen wir bis heute nicht.«

Warum wurde das Handy zurückgesetzt? Warum wurde es überhaupt einbehalten? Die Antworten können sich nur aus der Vermutung ergeben, dass das Opfer in irgendeiner Form mit dem Täter in Beziehung stand. Die Parallelen zu NSU sind erschreckend und erschütternd.

Niculescu Păun, 46, Vater von Vili Viorel Păun: »Am 19. Februar 2020 sind wir früh schlafen gegangen, weil wir am nächsten Tag zur Arbeit gemusst hätten. Als ich um 6 Uhr aufstand, bemerkte ich, dass Vilis Bett leer war. Ich hatte gar keine Vorahnung, nur dass er noch nie so was gemacht hatte. Ich rief meinen Sohn immer wieder an, sprach mit Vilis Freundin. Sie wusste auch nichts. Wir suchten, und um 12 Uhr gingen wir zur Polizei, das war schon 14 Stunden nach dem Anschlag. Dort wurden wir zu einer zweiten Polizeidienststelle geschickt. Ein Beamter reichte uns zwei Gläser Wasser und teilte uns mit, unser Sohn sei am Kurt-Schumacher-Platz erschossen worden.

Frage: War dort niemand sonst anwesend zur Betreuung der Opfer?

Wir waren schockiert. Wir sind zu Boden gegangen. 30 bis 40 Minuten nach der Tat waren schon Bilder in den Medien zu sehen, von meinem toten Sohn im Auto. Aber keiner wollte uns darüber informieren. Während dieser ganzen Sache waren wir ganz allein, ohne psychologische Unterstützung und ohne Information, was wir als Nächstes tun sollten.

Erneut: Wenn das zutrifft: Warum hat der Einsatzplan für Großschadensereignisse nicht funktioniert?

Wir waren im Schockzustand. Nach dem 20. Februar 2020 sind wir nie mehr in unsere Wohnung zurückgekehrt, die wir uns mit unserem Sohn geteilt hatten. Drei Tage nach dem Anschlag kamen zwei Polizisten, um uns DNA-Proben abzunehmen. Die waren ungefähr fünf bis zehn Minuten da. Und wieder keine Information, keine Erklärungen. Später wurden uns die Kleidungsstücke meines Sohnes zurückgegeben. Es waren die Kleidungsstücke von jemand anderem, eines anderen Opfers.

Dies kann ebenso wie die folgende Beschreibung nicht mehr mit spontaner Überforderung begründet werden, sondern beruht ganz offensichtlich auf Unachtsamkeit und Unsensibilität. Die Frage muss gestellt werden, ob dies auch passiert wäre, wenn es sich bei den Angehörigen um Biodeutsche gehandelt hätte. Und: Wem obliegt die Qualitätssicherung in diesen Fällen? Wer hat die Anordnungen getroffen? Diese Beispiele reihen sich für mich ein in eine lange Liste von Unzulänglichkeiten im polizeilichen Handeln, die darauf zurückzuführen sind, dass es in der Institution keine systematische und verantwortungsvolle Qualitätssicherung gibt. Man vertraut vielmehr darauf, dass alles richtiggemacht wird – oder dass dann, wenn Fehler passieren, diese nicht bekannt werden – Stichwort mangelnde Fehlerkultur.

Bezüglich der Obduktion wurden wir nicht gefragt. Wir konnten unseren toten Sohn nicht mehr sehen. Im November 2020 kam die Akte zu meiner Anwältin, mit dem Obduktionsbericht. Dort stand, dass ich tot sei. Da stand, man hätte an mir die Obduktion vorgenommen. Hat diese Person nicht gemerkt, dass da auf dem Tisch ein junger Mann liegt? Und was besonders bitter bleibt: Die Staatsanwaltschaft will keine Ermittlungen aufnehmen. Weil ja nicht sicher sei, dass mein Sohn den telefonischen Anweisungen der Polizei Folge geleistet hätte. Diese Unterstellungen empfinde ich als skandalös. Mein Sohn hatte bis zur letzten Minute an die Polizei geglaubt.« »Emis Gürbüz, die Mutter des erschossenen Sedat Gürbüz, nannte Bouffier im hessischen Untersuchungs­ausschuss zu dem Anschlag »herzlos, gefühllos, eiskalt«. Und auch Serpil Temiz-Unvar, Mutter des ermordeten Ferhat Unvar, beklagte am Freitag in einem Offenen Brief an die Bundesregierung, dass die Hinterbliebenen »fast zwei Jahre von den Verantwortlichen in Hessen mit Worten vertröstet, aber doch wie Menschen zweiter Klasse behandelt wurden«. Bis heute fehle es an Aufklärung. »Zwei Jahre sind vergangen und noch immer warten wir auf Antworten. Antworten auf Fragen, die uns quälen« (Quelle: taz vom 18.02.2022)6.

Bewertung: Insgesamt kann vor dem Hintergrund dieser Aussagen die Einschätzung der Opfer und der Hinterbliebenen nachvollzogen werden, dass die Polizei im Umgang mit ihnen schwere Fehler gemacht hat. Ich gehe davon aus, dass dies ebenso wie die technischen und strukturellen Mängel inzwischen auch polizeiintern aufgearbeitet und abgestellt wurde. Das Innenministerium hätte, gemeinsam mit der Polizeiführung, hier einen entsprechenden Schritt auf die Angehörigen zu machen können und müssen und die interne Vorgehensweise sowie die gezogenen Konsequenzen erläutern müssen.

Zum Abschluss sei mir folgende Anmerkung erlaubt: Auch wenn der hiesige Untersuchungs­ausschuss im Vergleich zu anderen Ausschüssen (z.B. zur Loveparade-Katastrophe) relativ schnell seine Arbeit aufgenommen hat, so bleibt mein genereller Zweifel bestehen, ob diese Form der Aufarbeitung von großen Schadensereignissen die richtige ist. Meines Erachtens spricht vieles dafür, die in anderen Ländern erfolgreich praktizierte Vorgehensweise mit hochkarätig besetzten unabhängiger Untersuchungsausschüssen auch in Deutschland umzusetzen. So wurde bspw. das »Hillsborough Football Desaster«, bei dem in England 96 Menschen zu Tode kamen, durch das »Hillsborough Independent Panel«7 aufgearbeitet. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Ergebnisse solcher Kommissionen eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz besitzen und in der Lage sind, gesellschaftlichen Frieden und damit auch das Vertrauen in die staatlichen Behörden wiederherzustellen.

Fußnoten

  1. https://forensic-architecture.org/

  2. S. die Zitate in der Dokumentation von »Forensic Architecture« https://vimeo.com/657458962

  3. Zitiert nach taz vom 20.12.2021 https://taz.de/Neue-Erkenntnisse-zum-Attentat-in-Hanau/!5820850/

  4. S. FN 3, Minute 8:19.

  5. Alle folgenden Zitate sind diesem Beitrag entnommen: Konrad Litschko, Neun Tote, tausend offene Fragen. taz vom 19.02.2022 https://taz.de/Zweiter-Jahrestag-des-Terrors-in-Hanau/!5833543/ Die Aussagen wurden redaktionell gekürzt von taz-Redakteur Konrad Litschko.

  6. https://taz.de/Kritik-an-Gedenken-zum-Hanau-Anschlag/!5836268/

  7. http://hillsborough.independent.gov.uk/the-independent-panel/ ähnlich auch das »Independent Inquiry into Child Sexual Abuse« https://www.iicsa.org.uk/, das »Daniel Morgan Independent Panel« https://www.danielmorganpanel.independent.gov.uk/panel-members/, sowie diverse »Police and Crime-Panels« in England.